Unser Konzept

Unser Name "Tabor"

1.1. Exegetischer Ansatz:

Der Name „Tabor“ greift die Erzählung in Mt 17,1-9 auf. Dort nimmt Jesu drei seiner Jünger mit auf den Berg Tabor. Oben auf dem Berg begegnen die Jünger aus der Geschichte vertrauten Propheten ihres Volkes, können diese aber nicht festhalten. Sie werden Zeugen von Gottes Offenbarung zu Jesus als seinen Sohn, können diese Offenbarung aber nicht deuten. Erst unterwegs und nach Jesu Tod und Auferstehung erschließt sich den Jüngern das Erlebte vollständig und in seiner ganzen Tragweite. In dieser Tradition sieht sich das Tabor: Hier werden Jugendliche dabei begleitet, sich mit ihrer eigenen und etwa der familiären Vergangenheit und Bindung auseinanderzusetzen, um sich im Prozess des Erwachsenwerden von ihr auch angemessen lösen zu können. Die Jugendlichen werden dabei begleitet, neue Erfahrungen zu machen – über sich, über Werte, über Vorbilder etc.. Gleichzeitig wird ihnen keine Deutung geboten, sondern sie werden im Prozess, die eigene Identität und eigene Werte- und Lebensmaßstäbe zu entdecken, unterstützt. Das Tabor selber kann ein Ort sein, an dem auch solche „Highlight“-Erfahrungen gemacht werden, der Schwerpunkt liegt aber auf der Begleitung im Alltag.

1.2. Ansatz der mystagogischen Jugendarbeit:

Damit schließt diese Überlegungen an den Ansatz der mystagogischen Jugendarbeit von Herbert Haslinger an. Hier geht es im Kern darum, sich beim Anderen, in den Jugendlichen dem Geheimnis der Selbstmitteilung Gottes in dieser Person bewusst zu sein und daraus eine Haltung einzuüben, die den Menschen ermutigt, seinem Wert vor Gott gerecht zu werden. Haslinger leitet daraus sechs Prinzipien ab: Wertschätzung und Ernstnahme des Menschen, Echtheit der Seelsorger*innen, Empathie, Alltäglichkeit, Freisetzung zum Leben und Transzendenztransparenz. (vergl: Dominik Schenker: Organisierte Freiheit – Jugendarbeit der katholischen Kirche in der Ostschweiz, Theologischer Verlag Zürich, 2017, S. 221-225 sowie Herbert Haslinger: Sich selbst entdecken-Gott erfahren / Für eine mystagogische Praxis kirchliche Jugendarbeit; Verlag Grünewald 1991, S. 72-76)

1.3. Option für die Zukunft:

Eine andere Perspektive mag für die Kirche / das Bistum als Träger das Tabor gelten und die sie vertretenden Hauptamtlichen: Für sie ist das Tabor ein Ort, an dem sich Gott in den Jugendlichen offenbart, an dem Gott in der Begegnung mit den Jugendlichen der Kirche die Möglichkeit gibt, sich von Altem zu lösen und auf die Zukunft auszurichten.

2. Grundsätzliche pädagogische Leitmotive unserer Arbeit im Tabor

2.1. offene Anlaufstelle, offene Zielgruppe

Das Tabor bietet den Jugendlichen einen Ort, an dem sie sich frei und gleichzeitig geschützt aufhalten und ihre Fähigkeiten entwickeln können. Bei den älteren Jugendlichen liegt als Teamer*innen zusätzlich der Schwerpunkt darauf, begleitet und angeleitet Verantwortung für andere zu übernehmen, mithin ein wichtiger Teil des Erwachsen-Werdens. Das Tabor spricht dabei bewusst Jugendliche aus allen Milieus an, es ist ein Ort, an dem das Miteinanders dieser Milieus und etwa Schultypen gefördert wird. Dazu gehört es auch, dass das Tabor Jugendliche verschiedenster Hintergründe, insbesondere mit Migrationshintergrund anspricht. Der Umgang mit dieser Vielfalt ist damit zentrale pädagogische Herausforderung.

2.2. Handlungsmaxime

2.2.1. Vertrauen:

Basis für den Umgang miteinander ist das gegenseitige Vertrauen. Die Hauptamtlichen vertrauen den Teamer*innen und Jugendliche/Kindern – bezüglich ihrer Äußerungen, ihres Verhaltens und ihrer Selbstbestimmung. Vertrauen bedeutet für die Hauptamtlichen auch, dass sie den Teamer*innen und Jugendlichen Dinge und Aufgaben zutrauen, ihre Stärken erkennen und fördern. Letzteres ist gerade für diejenigen Jugendliche ein wichtiges und ein zentrales Element der individuellen Förderung, die einen weniger anerkannten schulischen Hintergrund haben oder aufgrund ihres Migrationshintergrundes Schwierigkeiten haben, sei es in der Schule oder durch unterschiedliche Anforderungen der Familie und der Gesellschaft.

2.2.2. Freiheit:

Ebenso zentral wie das Vertrauen ist der Aspekt der Freiheit. Im Tabor gibt es kein Programm, das abgearbeitet wird. Jugendliche können sich mit ihren Bedürfnissen und Fähigkeiten frei einbringen und sie umsetzen. Freiheit beinhaltet gerade auch gegenüber Teamer*innen, die eigene Projekte oder Aufgaben übernehmen, die Freiheit, es anders zu machen, als die Hauptamtlichen sich das vielleicht vorgestellt hatten. Auch dies ist mit Blick auf die verschiedenen Hintergründe für einige Jugendliche eine wichtige Möglichkeit in der individuellen Entwicklung – dass sie Bedürfnisse äußern können, dass sie Ideen einbringen können. Insofern gehört zur Freiheit der Jugendlichen auch die innere Freiheit der Hauptamtlichen, die eigenen Vorstellungen loslassen zu können.

2.2.3. wertschätzende Kommunikation – Lob und Reflexion:

Um diese Freiheit und das Engagement aller zu gewährleisten, ist die wertschätzende Kommunikation entscheidend. Hier gilt, entsprechend der Priorität von Vertrauen, dass die Jugendlichen in erster Linie über Lob und Anerkennung angeleitet werden. Auch hier gilt mit Blick auf die unterschiedlichen Hintergründe die Annahme, dass Jugendliche, insbesondere diejenigen in der Hausaufgabenbetreuung, eher Anerkennung benötigen, um ein stabiles Selbstbewusstsein aufzubauen. Das Miteinander bedingt aber auch, dass Jugendliche lernen, dass ihre Freiheit durch die Freiheit der anderen beschränkt wird und ihr Handeln Konsequenzen hat. Insofern sind auch gemeinsame Reflexionen und Rückmeldungen wichtig, im Ausnahmenfall und begründet auch Konsequenzen.

2.2.4. Räume absichern:

Für die Hauptamtlichen bedeutet diese relative große Freiheit, dass sie die Verantwortung dafür tragen, diese Freiräume und das Miteinander abzusichern. Dies geschieht durch einen guten Kontakt zu den Jugendlichen, durch die eigene Beteiligung und eine offene gegenseitige kollegiale Reflexion.

2.2.5. sichere Räume – offene Entwicklungen:

Zentral für die Arbeit im Tabor ist das gegenseitige Vertrauen. Durch das Vertrauen, die an die Jugendlichen übertragene Verantwortung bei gleichzeitiger Verantwortung der Hauptamtlichen im Hintergrund werden so sichere Räume für die Jugendlichen geschaffen und gewährleistet. Gleichzeitig wird durch das Vertrauen und die bewusst eingeräumte Freiheit der Jugendlichen, mit der das innere Loslassen der Hauptamtlichen korrespondiert, Räume für Entwicklungen freigegeben; hier entstehen Zukunftslabore und Innovationen durch die Jugendlichen selber.

Unser Angebot

Wir sehen uns als einen offenen Ort mit einem einladenden Angebot. Im Schüler- und Jugendcafé finden regelmäßig Veranstaltungen wie Live-Musik, Spieleabende, Theaterprojekte u.v.m. statt. Für Kinder und Jugendliche, insbesondere mit Migrationshintergrund, besteht die Möglichkeit, in der „lern.bar“ kostenlos Nachhilfe und Hausaufgabenbetreuung zu bekommen und von den Begleitern gefördert zu werden. Unser Fokus liegt deutlich auf dem Kinder- und Jugendbereich (10-24 Jahre), was nicht bedeutet, dass Ältere und Jüngere nicht willkommen sind.

Wir freuen uns über jede/n, der Interesse an unserer Arbeit und unserem Angebot zeigt. Zudem arbeiten wir mit einem Pool an Ehrenamtlichen und Teamern zusammen, deren Arbeit wir sehr schätzen und dankbar über jede Unterstützung sind. Uns ist wichtig Netzwerke zu anderen Jugendeinrichtungen, besonders in der Südstadt, zu den Pfarrgemeinden im Regionaldekanat und zu Schulen, zu etablieren und zu pflegen.

Unsere Grundlage

Grundlage unserer Arbeit sind die Qualitätsmerkmale des Fachbereichs Jugendpastoral im Bistum Hildesheim. Unsere Idee von gelungener, kirchlicher Jugendarbeit ist es den jungen Menschen das Vertrauen entgegenzubringen und die Möglichkeiten zu bieten, die sie zu selbständigem Handeln führen. Unser Ziel ist es das Eigenengagement und die Eigeninitiative zu fördern und Rahmenbedingungen zu schaffen, in denen sie diese einbringen können. Dabei sollen den Jugendlichen Kompetenzen durch Hauptberufliche an die Hand gegeben werden, die sie im ständigen Weiterlernen in ihren Fähigkeiten reifen lassen. Wir wollen mit unserer Arbeit erreichen, dass Jugendliche sich in ihrer Person gestärkt fühlen und auf eigenen Füßen stehen lernen. Die positive Annahme jedes Einzelnen und eine bestärkende Haltung für geleistete Arbeit oder persönliche Fähigkeiten der Einzelnen sind uns dabei wichtig.

Es ist unser Wunsch junge Menschen auf dem Entwicklungsweg hin zu aktiven, motivierten, lebensfrohen und interessierten Menschen zu begleiten, die mit Selbstvertrauen ihren eigenen Weg gehen und sich in Gemeinschaft zurechtfinden und wohlfühlen.

Wir verstehen unsere hauptberufliche Arbeit ganz stark in dem Sinne, dass wir Rahmenbedingungen schaffen, in denen sich die jungen Leute entfalten können. Wir wollen Ansprechpartner und Zuhörer sein und Beziehungsarbeit in dem Sinne leisten, dass wir als authentische und glaubende Personen auftreten und erfahrbar werden. Dabei ist es uns auch wichtig mit unserer Person vor Ort (im Café und Büro) präsent zu sein und den Jugendlichen Zeit zu schenken.

In diesem Sinne ist uns ehrenamtliches Engagement besonders wichtig, weil daran erkennbar wird, dass die jungen Leute sich einbringen und Teil der Gemeinschaft sind. Das zu fördern ist Teil unserer Aufgabe und dadurch wird das Tabor zu einem lebendigen Ort. Wir sind immer offen für neue Ideen und versuchen viele davon, auch durch experimentieren, zu gestalten. Das Engagement von jungen Erwachsenen ist für das Tabor wichtig. Richten sich unsere Angebote zwar speziell an Jugendliche, sehen wir es trotzdem als unsere Aufgabe, neben den hauptberuflichen Mitarbeitern, auch junge Erwachsene bei der Arbeit mit den Jugendlichen einzubinden. Wir freuen uns über dieses Engagement im Sinne einer Unterstützung, Bereicherung und Erweiterung unserer eigenen Arbeit mit Jugendlichen. Für alle Ehrenamtlichen gilt, dass sie jederzeit die Möglichkeit haben dazu zu stoßen und auch wieder zu gehen.